Wandern auf Rügen: Halbinsel Wittow von Schwarbe nach Kap Arkona

Tourdetails

gewandert am: 06.06.2021
Region: , ,
benötigt: nix außer Spaß am Laufen, Kompass

Startpunkt: Siedlung Schwarbe
Ziel: Putgarten
Entfernung: 10 (16) km
höchster Punkt: 80 m

Erreichbarkeit mit Öffis:

super
okay
dürftig
gar nicht

Etappe: Schwarbe – Märchenwald

Der Parkplatz in Schwarbe liegt unmittelbar am Küstenwäldchen, welches auf diesem Abschnitt aus schlanken und einigen eingestreuten knorrigen massiveren Buchen besteht. Das Besondere an den Buchen ist, dass sie nahe der Steilküste allesamt wie in wildem Tanz eingefroren zu sein scheinen, voller Schwung und Drama. Kein Wunder, dass das Küstenwäldchen rund um Schwarbe Märchenwald heißt.

Nach den ersten Metern, die den Wald queren, bog ich an der Müllerrinne rechts in den schmalen Pfad, der oben auf den Klippen durch den Märchenwald führt, bevor er in den breiten Wiesenweg mündet, Teilstück des Wanderwegs von Wiek nach Kap Arkona.  Wenn man die Augen offen hält, entdeckt man kurz darauf erneut einen Pfad, der im Küstenwäldchen abtaucht. So geht es immerfort rin und raus aus dem schmalen Waldstreifen, der Stille, Schatten und wundervolle Waldkulisse bietet. An einer freien Stelle kann man der Flugakrobatik von Uferschwalben zuschauen, die im lehmigen Abhang der Steilküste unterhalb der eigenen Füße ihren Nachwuchs füttern. An anderer Stelle lädt ein Taleinschnitt zum steilen Abstieg zum kleinen Strand ein. Diesen Exkurs habe ich ausgelassen, denn westlich von Schwarbe liegt der herrlichste Naturstrand, den Rügen zu bieten hat – quasi unser Hausstrand – und auch weiter östlich lädt ein langer Strandstreifen, der Nordstrand, zum Strandwandern und zur Badepause ein. Badehosen braucht es hier wie da nicht unbedingt…

 

Etappe: Märchenwald – Nordstrand

Der verwunschene Pfad durch den Küstenwald endet kurz  vor dem Wiedereintritt in die Zivilisation. Ab der von Varnkevitz kommenden Straße wird der breite Hochuferweg von Radfahrern und vereinzelten Wanderern frequentiert. Ab und an bieten Lücken im satten Grün Ausblicke über die wie ein Batiktuch in blau und türkis ruhig daliegende Ostsee.

An der nächsten Zufahrtsstraße aus dem Halbinsel-Inneren – aus Richtung Fernlüttkevit – führt eine Treppe hinunter zum Nordstrand. Hier habe ich meine Schuhe in den Rucksack gesteckt und bin am herrlich breiten Sandstrand mit eingestreuten Felsblöcken, die an Kitschpostkarten von den Seychellen erinnern, in nordöstlicher Richtung weiter gelaufen. Dabei habe ich einen an der Wasserkante entlang galoppierenden wunderschönen Goldlaufkäfer vorm Ertrinken gerettet.

Etappe: Nordstrand – Gellort – Kap Arkona

Je weiter man sich am Nordstrand der nächsten Landzunge nähert, desto steiniger das Ufer und unangenehmer der Geruch. Ich war froh, dass sich der digital bei komoot eingezeichnete Pfad aus der Misere auch analog fand und ich dem Gestank verfaulender Algenrückstände entkommen konnte. Oben marschierte ich weiter bis zum nördlichsten Punkt Rügens, Gellort, einer Landzunge, zu der man hinabsteigen oder von einer der Bänke oben betrachten kann. Am unteren Ende der Treppe liegt der viertgrößte Findling der Insel Rügens, der Siebenschneiderstein (Söbenschniedersteen)  mit einer Masse von 165 t und einem Volumen von 61 m³.


Ich zog es nach kurzem Beweisfoto oben vor, dem Menschenauflauf zu entweichen und wandelte auf gemulchtem Weg, rechts und links flankiert von mannshohen weißen Doldenblütlern, die ich mithilfe meines neuen Doldenblütler-Bestimmungsbuchs vermutlich identifizieren hätte können, hätte ich dieses dabei gehabt. So nahm ich sie einfach als gefälligen Blumenschmuck wohlwollend zur Kenntnis und näherte mich dem berühmten Kap Arkona.

Mit jährlich circa 800.000 Besuchern ist Kap Arkona eines der beliebtesten Ausflugsziele auf Rügen. Ich habe es mir immer als von Leuchtfeuer erhellte,  Gicht-umtoste felsige Bastion vor der Unendlichkeit des Meeres vorgestellt. Also fast. Fakt ist, dass es sogar zwei Leuchttürme gibt. Und wo ein Leuchtturm ist,  ist auch das Meer nicht weit. Sollte man meinen. Nur kann man am Kap Arkona die Ostsee weit und breit nirgends sehen. Es war lustig die Touristen zu beobachten, die sich in Erwartung einer steifen Brise und Meeresrauschens den wenig erbaulichen Kilometer vom Parkplatz in Putgarten, also dem Ende der motorisierten Welt, herauf bemüht hatten und ratlos aus der Wäsche blickten. Hier und da hörte man ein entnervtes ‚Wo ist denn nun das Meer?‘

Theoretisch genau 230 Stufen entfernt. Einige Meter westlich vom Kap Arkona befindet sich die Königstreppe, die mit 230 Stufen 42 Meter Steilküste überwindet. Durch den Aufschwung der Rügenschen Seebäder nahm der Tourismus am Kap Arkona zu. Viele Reisende kamen mit Ausflugsdampfern, welche am Anleger am Fuße der Treppe festmachten. Der Anleger wurde allerdings bei der Sturmflut 1953 vollständig zerstört. Die neue Königstreppe wurde 1995 fertiggestellt. Seit Dezember 2012 ist die Königstreppe nach starken Kliffabbrüchen gesperrt.

Der 1826/27 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel in Backsteinbauweise errichtete kleinere der beiden Leuchttürme (seit 1905 außer Betrieb)  ist der zweitälteste Leuchtturm an der deutschen Ostseeküste. Der neue Leuchtturm steht unmittelbar neben dem alten. Beide Leuchttürme sowie der ehemalige Peilturm wurden in den 90er Jahren saniert und sind für den Besucherverkehr geöffnet. Ich war nicht oben, aber man soll einen wunderbaren Blick über die Halbinsel Wittow haben und bei klarem Wetter bis zur dänischen Insel Mon blicken können.

Etwas morbider geht es ganz in der Nähe zu. In direkter Nachbarschaft zu den beiden Leuchttürmen befinden sich zwei eindrucksvolle Bunker. Die Bunker wurden von der Gemeinde Putgarten erworben und sukzessive renoviert. Der Arkona-Bunker beherbergt heute eine Kunstgalerie und der NVA-Bunker eine Ausstellung mit damaligen Bunkereinrichtungsgegenständen sowie eine Fotoserie über die Volksmarine. Unweit der Leuchttürme gibt es noch ein nett anmutendes Künstlerhaus mit Verkaufs-Ausstellung.

Auf den ersten Blick ebenfalls nett anmutend aber besser zu meiden ist der Imbiss am Kap Arkona. Hier gibt es Fischbrötchen mit genau einer(!) Scheibe Gurke im leichenblassen Teigling und wässrigen Sanddornsaft. Pffft.

Bonus-Etappe: Kap Arkona – Vitt  – Putgarten

Mein Herr Schatz hatte mich am Kap Arkona treffen wollen und wir wären gemeinsam die Hand voll  Kilometer zum Fischerdorf Vitt und von dort über Putgarten wieder zum Kap Arkona gelaufen. Da wussten wir noch nicht, dass an Putgarten keiner vorbei kommt.  Ich habe die Tour abgebrochen und bin auf kürzestem Weg nach Putgarten gegangen. Immer den Massen nach die Straße entlang. Wer vor hat, vom Kap Arkona ebenfalls nach Putgarten zu laufen, wählt besser den Weg, der ein Stück weiter nordwärts abzweigt und durch die Felder führt.

Wer noch nicht müde ist, folgt dem hauptsächlich von Radfahrern genutzten breiten Weg, der am alten Peilturm Richtung Ufer führt und hier und da auch schöne Aussichten auf Ostsee und Kap Arkona bietet. Wir waren zwei Tage später nochmal mit den Rädern da. Daher weiß ich das. Das Dorf Vitt, dem man nun zustrebt, sieht man erst, wenn man direkt davor steht, denn es duckt sich in eine Uferschlucht. Laut den Berichten des dänischen Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus soll das Dorf aber schon im 10. Jahrhundert als Fischer- und Handelshafen zur slawischen Jaromarsburg am Kap Arkona gehört haben.

Heute ist das Dorf beliebtes Ausflugsziel. In den engen Gassen zwischen den schnuckeligen weißen Reet-gedeckten Häuschen  streifen Wanderer und Radausflügler umher, um aus den vielfältigen kulinarischen Angeboten das für sie passendste auszuloten. Bei der sympathischen Dame an der Creperie bekommt man nicht nur köstliche Crepes, sondern wunderbare Fischbrötchen. Hier stimmt der Inhalt und die Brötchen sind keine blasse Fabrikware, sondern wunderbar knusprig und goldbraun gebackene Inselbrötchen.

Oberhalb des Dorfes steht die kleine Vitter Kapelle, die, unterbrochen von den Napoleonischen Kriegen, ab 1806  gebaut wurde, weil immer mehr Besucher zu den Uferpredigten des Altenkirchener Pastors Ludwig Gotthard Kosegarten gekommen waren und einige der Besucher bei schlechtem Wetter keinen Platz mehr in den Fischerhütten fanden.

Den Weg von der Vitter Kapelle nach Putgarten kann ich leider nicht beschreiben, denn die Bonusetappe via Vitt nach Putgarten ist lediglich eine empfohlene Verlängerung der absolvierten Tour. Wenn man schon mal dort ist, soll sich’s ja auch lohnen…

 

 

veröffentlicht am: 28.08.2021

Anregungen oder Fragen?

Noch keine Kommentare vorhanden

kommentieren oder antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und akzeptiere, dass meine email-Adresse zwecks Spamvermeidung verarbeitet und gespeichert, aber nicht angezeigt, nicht für Werbung genutzt und auch nicht an Dritte weiter gegeben wird.