Nun ist der Spreewald nicht direkt Wandergebiet. Am Besten bewegt man sich hier mit einem der großen flachen Kähne oder mit dem Paddelboot durch das Gewirr von Wasserarmen. Zweitbeliebtestet Fortbewegungsmittel ist das Fahrrad. Ich machte mich jedoch zu Fuß auf den Weg…
Etappe: Lübbenau – Wotschofska
Trotz schlafloser Nacht machte ich mich an meinem offiziell letzten Urlaubstag, auf den Weg in den Spreewald und begann die Tour ab Lübbenau kurz nach Sonnenaufgang. Ich hatte mir bei komoot eine etwa 17 km lange Spreewald-Wanderung ausgeguckt, die im beschaulichen Lübbenau starten und enden sollte.
Schon kurz nach Überquerung der ersten der typischen dunkelbraunen Holzbrücken verlässt man den Ort und taucht in Idylle ein. So früh am Morgen schliefen Kajaks und Urlauber noch. Ich lief auf wunderschönen von Bäumen gesäumten weichen Pfaden direkt an Kanälen entlang, bestaunte kleine goldgelbe knubbelige Pilze und genoss die Stille. Bis auf zwei frühmorgendliche Kanal-Wartungsbooten, die leise vorbei surrten, um Laub vom Wasser zu fischen, begegnete ich nur einer einzigen Menschenseele.
Ab und an gelangte ich an Wasserkreuzungen, wo es wieder eine der unzähligen Holzbrücken mit Aufschubhilfe für Fahrräder zu überwinden galt. Verlaufen konnte man sich nicht, denn im Spreewald gibt es viel weniger Wander- als Wasserwege. Erst als ich an der Wotschofska ankam, öffnete sich die Landschaft und es gab mehr als nur einen Weg zur Auswahl.
Die Wotschofska ist eine Insel im Spreewald, auf der sich die gleichnamige Gaststätte befindet. Mit Gründungsjahr 1898 zählt das riesige Gasthaus Wotschofska mit seinem rustikalen Ambiente und großem Biergarten zu den ältesten Ausflugslokalen im Spreewald und ist ein Baudenkmal der Stadt Lübbenau. Die Gaststätte Wotschofska ist nur über Holperpisten für Anlieger mit dem Auto zu erreichen. Deutlich bequemer und uriger reist man mit dem Kahnshuttle an. Ich hielt mich nur wenige Foto-Minuten an der Wotschofska auf, denn das nächtliche Laub wurde hier mit einem nervtötenden Laubbläser zusammen geschoben. Das passte so gar nicht zu diesem friedlichen Morgen… 🙁
Etappe: Wotschofska – Pohlenzschänke
Bei der Wotschofska stand ein Wegweiser nach Lübbenau über Leipe. Leipe und den hübschen Weg am Wasser, der von dort nach Lübbenau führt, kannte ich von einem früheren Besuch und ich ließ mich verlocken, die Tourplanung über den Haufen zu werfen. Ursprünglich hatte ich einen Bogen in die entgegengesetzte Richtung schlagen wollen. Zeit hatte ich dank des frühen Starts reichlich zur Verfügung. Weil die weitere Beschilderung uneindeutig war und mich zunächst in die falsche Richtung abbiegen ließ, machte ich zudem noch einen unnötigen Umweg. Als mir komoot dann die korrekte neue Strecke berechnete, lief alles gut und ich insgesamt fast 27 km.
Im Spreewald wandert man nicht nur auf idyllischen Pfaden, sondern in den offeneren Landschaften häufig auch auf Betonplatten-Wegen. Auch hier fast immer in Begleitung eines Fließes oder Kanals. Ab und an passierte ich einsame Schleusen. Hier können sich die typischen flachen Spreewaldkähne und Paddler dem jeweiligen Wasserstand anpassen. Meist ist dies mit Handarbeit verbunden, um die Tore in richtiger Reihenfolge zu öffnen und zu schließen. Inzwischen war ich auch nicht mehr allein auf weiter Flur, sondern traf gelegentlich Radfahrer, aber niemanden sonst, der zu Fuß unterwegs war, wie ich. Das einzige vierrädrige Gefährt, das über die engen Betonplattenwege schaukelte, hielt ich kurz an, um mich zu vergewissern, dass der gewählte Weg nach Leipe auch durchgängig wäre, was bestätigt wurde. Ich brauchte nur der selben Route folgen, wie der kleine Liefer-LKW, der die Gasthöfe versorgt. Vllt. Trägt er auch die Post aus. Danach habe ich nicht gefragt.:-) Postzustellung per gelbem Postkahn gibt es wohl nur noch im Spreewalddorf Lehde.
Etappe: Pohlenzschänke – Leipe
Bei der Pohlenzschänke, einem der ältesten Wirtshäuser im Spreewald, zeigten sich erste Ermüdungserscheinungen und ich liebäugelte mit einer Pause am Wasser. Der Fischer Christian Pohlenz hatte sich 1765 hier niedergelassen und bewirtete Fischer, Jäger und Landwirte. Inzwischen ist die Pohlenzschänke ein Selbstbedinungsrestaurant und Eigentum der Familie Fittkau.
Vom jetzt asphaltierten Weg aus konnte ich das große stolze Gebäude der Pohlenzschänke sehen, aber mir schienen es nochmal ein halber Kilometer bis zum Gasthaus zu sein und ich verkniff mir die Extra-Meter. Ich hatte befürchtet, nun Asphalt latschen zu müssen, fange aber einen netten Weg durch Wiesen, der parallel zum Radweg verlief. Kurz nachdem dieser Pfad am Asphalt endete, zweigte mein Weg Richtung Leipe ab. Aber erstmal machte ich an einem kleinen Wehr am Mittelkanal Pause. So gestärkt nahm ich den 2. Teil der Spreewaldwanderung in Angriff, die zunehmend wieder jenen Charakter bekam, wie man es von dieser von Kanälen und Wasserarmen durchzogenen einzigartigen Landschaft erwartet: winzige idyllische Siedlungen, ab und an ein Paddelbootverleih, saftige Wiesen, glückliche Kühe und immer wieder kleine Brücken und Schleusen. Die meisten Schleusen im Spreewald sind DIY. Man liest die Bedienungsanleitung, dreht an den richtigen Rädern und Hebeln und schon regelt sich der Wasserstand wie gewünscht.
Der Weg nach Leipe hinein war breit und verlief parallel zwischen Rohrkanal und Neue Spree. Zwei mal wurde mein Weg von einem seltsamen großen Insekt gekreuzt. Beim 2. Mal war ich schnell genug, es zu fotografieren, bevor es auf seinen kurzen Beinen schwankend, im Gras am Wegrand verschwinden konnte. Der Insekten-kundige Partner meiner Mutti recherchierte anhand des Fotos, dass es sich um eine Maulwurfsgrille handelte. Imposant!
Etappe: Leipe – Leiper Weg – Lübbenau
In Leipe angekommen, wollte ich im Biergarten, den ich von einem früheren Spreewaldbesuch in guter Erinnerung hatte, die müden Beine ausruhen. Beim Kramen in der Hosentasche, stellte ich fest, dass ich unterwegs blöderweise mein Bargeld verloren hatte. Mit sehnsüchtigen Blicken ließ ich den Biergarten hinter mir und nahm das letzte Wegstück, den Leiper Weg, in Angriff. Der Leiper Weg wurde erst 1935/36 als erste Landverbindung für das Spreewalddorf Leipe angelegt. Heute ist er Teil des Europawanderwegs. Hier kamen dauernd Radfahrer von vorn und hinten, sodass es mit der Beschaulichkeit leider vorbei war. Möchte nicht wissen, was hier zur Hauptsaison los ist.
Wer die Strecke wandert und hier noch nicht ausgepowert ist, kann den kurzen Umweg über das idyllische Dorf Lehde machen. Dafür war ich aber zu platt und froh, in Lübbenau in den nächsten Zug nach Berlin humpeln zu können.
Trotz Fußlahmigkeit, eine herrliche Tour!
kommentieren oder antworten